Hambacher Fest 1832
Für Einheit, Freiheit und Volkssouveränität zogen im Mai 1832 tausende Menschen auf die Ruine des Hambacher Schlosses. Mit sich führten sie Schwarz-Rot-Goldene Fahnen – die bis heute die deutschen Nationalfarben bilden.
© Landtag RLP
Hambacher Fest
Beim „Hambacher Fest“ vom 27. Mai 1832 versammelten sich auf der Burgruine von Hambach in der Nähe der heutigen Stadt Neustadt an der Weinstraße bis zu 30.000 Menschen, um für die Gründung eines deutschen Nationalstaats und Grundrechte wie Presse- und Meinungsfreiheit einzutreten. Zudem demonstrierten Sie für ein in Solidarität verbundenes Europa. Dass die Protestierenden in Form eines „Festes“ zusammenkamen, war nicht zufällig. Denn in der Zeit von Restauration und Vormärz zwischen 1814/15 und 1848 konnte mit diesem spitzfindigen Versammlungsformat ein Verbot durch die Zensurbehörden umgangen werden.
Zentrale Organisatoren waren Jakob Siebenpfeiffer (1789-1845) und Johann Georg August Wirth (1798-1848), die beide dem sog. „Preßverein“ (Deutscher Vaterlandsverein zur Unterstützung der freien Presse) angehörten und als Redner auftraten.
Siebenpfeiffer vertrat in seiner Festrede erstaunlich moderne Ansichten. So forderte er die Gleichberechtigung der Frau, die „…nicht mehr die dienstpflichtige Magd des herrschenden Mannes, sondern die freie Genossin des freien Bürgers...“ sein sollte. Zudem betonte er die europäische Gemeinschaft der erstarkenden Demokratiebewegung: „Es lebe das freie, das einige Deutschland! Hoch leben die Polen, der Deutschen Verbündete! Hoch leben die Franzosen, der Deutschen Brüder, die unsre Nationalität und Selbstständigkeit achten! Hoch lebe jedes Volk, das seine Ketten bricht und mit uns den Bund der Freiheit schwört! Vaterland – Volkshoheit – Völkerbund hoch!“
Der Aufruf zur Teilnahme am Fest, der dem „Andenken der Nachwelt“ gelten sollte, zeigt, dass bereits damals dem Hambacher Fest eine wichtige historische Rolle zugeschrieben wurde. Die Perspektive der Organisatoren zielte auf das Zukünftige, das zu Erringende, und wollte sich nicht mit dem Errungenen begnügen. „Der Deutschen Mai“ sollte dabei zum Zeichen des „Kampfe[s] für Abschüttelung von innerer und äußerer Gewalt, für Erstrebung gesetzlicher Freiheit und deutscher Nationalwürde“ werden.
Bedeutung für die Demokratiegeschichte
Das Hambacher Schloss ist als Schauplatz des Hambacher Festes ein herausragender Erinnerungsort der deutschen Demokratie- und Nationalstaatsgeschichte. Im Verhältnis der ersten gesamtdeutschen Demokratie – der Weimarer Republik – und der Bundesrepublik Deutschland erweist sich dieser Ort als Höhepunkt der deutschen Demokratiebewegung. Auf das Hambacher Fest geht die Verwendung von Schwarz-Rot-Gold als Trikolore zurück, die in verschiedenen Abfolgen umgesetzt wurden. Diese Farben gehen wiederum auf die Uniformen des Lützower Freikorps zurück, die seit den Befreiungskriegen gegen Napoleon von 1813 bis 1815 zu den Farben der deutschen Nationalbewegung geworden waren. In der Weimarer Republik legte die verfassungsgebende Nationalversammlung Schwarz-Rot-Gold als neue Reichsfarben fest und brach damit mit der schwarz-weiß-roten Flagge des Kaiserreichs. Schwarz-Rot-Gold stieg in den 1920er Jahren mehr und mehr zum „Zeichen der Republik“ auf, bis unter nationalsozialistischer Herrschaft diese Farben beseitigt wurden und nach 1945 erneut zum Erkennungszeichen eines freiheitlich und demokratisch verfassten geeinten Deutschland werden sollten.
So bedeutend das Hambacher Fest für die deutsche Demokratiegeschichte ist, dürfen die europäischen Zusammenhänge nicht übersehen werden. In den frühen 1830er Jahren regte sich vielerorts in Europa Unmut gegenüber der Unterdrückung durch die Obrigkeiten. Gleichsam wurden Wünsche nach nationaler Einheit und Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen artikuliert. Befeuert wurden diese Proteste durch die Julirevolution von 1830, die von Paris ausging. Im Hambacher Fest von 1832 erreichte diese europäische Gemengelage in veranschaulichender Weise einen Höhepunkt. Unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern – Frauen waren explizit angesprochen und zahlreich vertreten – fanden sich auch französische und polnische Aufständische wieder. Der Historiker Christopher Clark hat jüngst genau jenen europäischen Charakter der Revolutionen von 1848 herausgestellt, an dessen Wegbereitung das Hambacher Fest einen bedeutenden Anteil hat.